Zum Nachdenken

„Sirene in Ascheberg, weiß jemand was….oder kennt jemanden, der was weiß ? „…….. eine beliebte Frage bei Facebook und anderen sozialen Medien.

….dann ein paar Mitleidsbekundungen oder „…. bei uns sind sie auch vorbei…“, aber schon bald erlischt das allgemeine Interesse, weil es neue Katzenbilder gibt.

Heute wurde mir wieder mal bewußt, wie richtig und wichtig der folgende Satz ist und ich möchte einige Gedanken weitergeben, die mir seit gestern nicht mehr aus dem Kopf gehen:

„Wenn Feuer wär und es gäbe keine Feuerwehr, was meinst du was dann für Feuer wär.“

Am 28.02. um 10:57 Uhr schrillte bei den Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr Ascheberg bereits zum 10. Mal in diesem Jahr der Meldeempfänger und alarmierte zu einem Einsatz.

„Brennt Radlader auf dem Hofplatz, steht neben Gebäude“ stand auf dem Display des blinkenden Melders

Für uns Feuerwehrleute eine Information, die zu äußerster Eile antreibt, gilt es doch, dass Übergreifen von Feuer auf das Gebäude zu verhindern.

Nun begab sich dieser Einsatz aber zur besten Arbeitszeit an einem Werktag und in unserer WhatsApp-Gruppe kam eine Meldung nach der anderen.

– Nicht im Ort
– Bin arbeiten
– Bin krankgeschrieben
– Komme aus Preetz
– Komme aus Kiel
– Komme aus Plön

Ein wirklich ungutes Gefühl macht sich in meiner Magengegend breit und auch ich versuche, unter größtmöglicher Beachtung der normalen Verkehrsregeln von Plön nach Ascheberg zu kommen.

Ausgebremst werde ich von Bahnübergängen, von Ampeln und letztlich auch von den Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr Plön, die ebenfalls mitalarmiert wurde und mit Blaulicht und Martinshorn an mir vorbeirauschen.

Immer noch keine Ausrückmeldung aus Ascheberg, 3 Kameraden stehen am Gerätehaus und warten auf Verstärkung….. mit 3 Leuten kann ein Feuerwehrlöschfahrzeug nicht effektiv betrieben werden.

Glücklicherweise überholt mich bereits das 3. Einsatzfahrzeug der Plöner…… wie schön, wenn man sich mit Blaulicht und Martinshorn noch halbwegs freie Fahrt verschaffen kann, leider hat mein Privat-Pkw so etwas nicht.
Als ich kurz vor dem Ascheberger Gerätehaus bin, sehe ich, wie unser 1. Löschfahrzeug endlich auf dem Weg Richtung Einsatzort ist.

Auch ich ziehe mich um, laufe zum Fahrzeug der Einsatzleitung……. und fahre es letztlich selber zum Einsatzort, weil niemand mehr da ist, der mich fahren könnte, während ich mich auf die Einsatzleitung vorbereiten müsste.

Etwas Erleichterung kommt auf, als ich auf der Anfahrt keine großartige Rauchentwicklung mehr wahrnehmen konnte und ich nach kurzer Erkundung an der Einsatzstelle, gemeinsam mit dem Plöner Einheitsführer, feststellen konnte, das die Plöner Kameraden das Feuer „im Griff“ hatten und die Gefahr des Übergreifens auf das „Gebäude“, übrigens eine randvoll mit Strohhäcksel gefüllten Scheune, abgewendet war.

Vielen Dank an die Plöner Kameradinnen und Kameraden, die im Rahmen der im Land üblichen nachbarschaftlichen Löschhilfe so schnell eingreifen konnten.

Wer es geschafft hat, bis hierhin zu lesen, wird sich jetzt vielleicht fragen, warum erzählt der uns das alles…..

Die Freiwillige Feuerwehr Ascheberg hat 47 aktive Kameradinnen und Kameraden, eine ordentliche Zahl, Sollstärke erfüllt.

Dieser Einsatz aber, hat wieder einmal gezeigt, dass im ungünstigsten Fall die Tagesverfügbarkeit nicht ausreicht, um ein erstes Feuerwehrfahrzeug effektiv zu besetzen und zu betreiben.

Das ist ein Problem, mit dem nicht nur Ascheberg zu kämpfen hat, dieses Problem haben die meisten Feuerwehren im und gerade auf dem Land.

Kleine Orte, meist einfach nur „Schlafdörfer“……., gearbeitet wird in den Städten und Industriegebieten und tagsüber sind die Dörfer leergefegt.

Ein zweiter, viel schwerwiegenderer Faktor ist, dass immer weniger Menschen bereit sind, ihre wertvolle Freizeit mit zusätzlicher Arbeit im Ehrenamt zu verbringen.

Ja, ich weiß, einige werden denken, jetzt will der wieder Mitglieder werben und spätestens jetzt werden wieder einige weiterklicken auf die nächste Katzenbilderwebsite ( die ich im Übrigen auch teilweise süß finde)

Nein, ich will keine Mitglieder werben, ich muß mich um neue Kameradinnen und Kameraden bemühen, die da sind, wenn andere ihrer Arbeit nachgehen oder anderweitig verhindert sind.

Menschen, wie du und ich, die bereit sind, ein bisschen Zeit und Kraft zu investieren, um für unsere Nachbarn, Freunde und Mitbürger da sind, wenn sie Not haben.
Es kann jederzeit, überall und jedem passieren, dass er auf die Hilfe seiner Mitmenschen angewiesen ist, ….. auch dir !
Menschen, die Vertrauen schaffen und erfahren, wenn sie mit ihrem Einsatz helfen können.

Wir brauchen keine hochqualifizierten Techniker, keine Einzelkämpfer oder Kampfschwimmer, keine Bodybuilder und Modelatlethen …… bei uns ist jeder willkommen und gleich wichtig, bringt sie/er ein wenig Bereitschaft mit, sich für unser Dorf und die Mitmenschen zu engagieren.

Ich höre heute oft, „ich hab keine Zeit“, „ich habe Angst vor Feuer“, „ich kann kein Blut sehen“ „ich habe Rücken“ oder ähnliche Bedenken und ich sage:

„Ja, kann ich nachvollziehen, ging mir auch so“

…. und dann kam der Moment, wo ich selber Hilfe brauchte und plötzlich waren viele da, die mir geholfen haben, ohne dass ich sie kannte und von Feuerwehr wusste ich, dass sie rote Autos fahren.

Ich lernte, dass ich Zeit habe, wenn ich es ein bisschen organisiere, meine Angst vor Feuer hat sich in Respekt vor Feuer verwandelt, weil ich weiß, damit aufmerksam umzugehen,
Blut sehe ich immer noch nicht gerne, außer beim Blutspenden ….. und Rücken habe ich auch immer noch.

Aber in all den Jahren habe ich das gemacht, was ich mir zugetraut habe, ich habe gelernt, nie wurde ich gezwungen, Grenzen zu überschreiten, die ich mir selbst gesetzt hatte.
Ich bin näher ans Feuer gegangen, nachdem ich den Umgang mit Schutzkleidung gelernt hatte, an Unfallstellen habe ich mich langsam und immer unter Begleitung immer ein Stück weiter vorgewagt.

Das waren alles meine Entscheidungen !

Jeder Mensch ist anders, wer für sich entscheidet, seine Grenzen zu erweitern, wird bei uns sach- und fachkundig vorbereitet und unterstützt, und derjenige, der lieber aus der hinteren Reihe unterstützt, ist ein ebenso wichtiger Bestandteil des Paketes Feuerwehr.

Ich würde mich freuen, wenn du, der bis hierhin gelesen hat, dich entscheidest, uns auf einem unserer nächsten Dienste zu besuchen, um uns kennenzulernen.

Wir brauchen DICH !

Vielen Dank für dein Interesse
Michael Struß
Gemeindewehrführer Ascheberg/Holstein

Veröffentlicht von freundlicher Genehmigung von der FF Ascheberg